Allgemein, Depression, Schwarze Wolken

Alles neu, macht der Mai

Frühling, alles blüht und wächst… und mal wieder Zeit für einen Neuanfang. Habe mir gerade mal meine bisherigen Artikel angesehen. Puh, harter Tobak. Spiegelt meine Realität ganz gut wieder… Aber es fehlt der Fortgang der Geschichte von Emma.

Und deshalb will ich jetzt mal wieder einen Neuanfang wagen und weiter schreiben. Schließlich hat sich bei mir so vieles verändert! Mir geht es sooooo viel besser!!! Wow!!! Und ich möchte Euch natürlich erzählen, woran das liegt. Vielleicht hilft es dem einen oder anderen ja ein kleines Stückchen weiter.

Schon öfter hat mich das Gefühl heimgesucht, dass es mir so viel besser geht. Dann wurde es aber doch wieder viel schlimmer. Oft war wohl mein inniger Wunsch nach Besserung der Vater dieses Gefühls.

Das kennst Du vielleicht, es ist so unerträglich, immer als Spaßbremse dazustehen und einfach nicht zu können. Da ist es so viel leichter, sich seinen Zustand schön zu reden.

Schönfärberei hilft leider gar nicht, weil sie unweigerlich zu dem Gedanken führt: „Super, dann kann ich ja jetzt wieder arbeiten, anderen helfen und alles alleine tun.“ Klaro, damit ist die Überforderung und der Zusammenbruch natürlich vorprogrammiert.

Mir war das allerdings überhaupt nicht bewusst. Ich habe mich immer wieder gewundert, warum ich nicht von der Stelle komme und endlich gesund werde.

Dabei muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass, seit meinem Rausschmiss aus der Fliedner-Tagesklinik, weil die Hallesche Krankenversicherung meine Behandlung nicht zahlte, ich mehr oder weniger allein zuhause saß.

Ein oder zweimal die Woche zu einer Therapie zu gehen, ist in einer depressiven Episode nur mäßig hilfreich. Schließlich sahen die Therapeuten nicht, dass ich sonst fast garnichts hinbekam und meist mit Harry Potter und Solitär auf der Couch lag. Immerhin brachte ich mich aber nicht um.

Als ich im letzten Jahr kurz vor der Obdachlosigkeit völlig zusammen gebrochen bin, wusste ich einfach nicht mehr weiter. Ich musste zugeben, dass ich nicht weiter kam und Hilfe brauchte.

Und ich hatte mal wieder Glück! Mir wurde und wird geholfen wieder auf die Füße zu kommen.

Nicht, dass die Hallesche KV ohne Gerichtsverfahren einsehen würde, dass Sie nach über 20 Jahren Beitragszahlungen einen Fehler gemacht hätte. Aber das ist eine andere Geschichte…

Nein, in tiefster Dunkelheit letztes Jahr wandte ich mich schließlich an den Sozialpsychiatrischen Dienst (SPD) in Berlin. Das ist eine Stelle beim Bezirksamt, die Menschen mit psychischen Problemen hilft, Hilfe zu finden. Ich weiß nicht, ob es so etwas deutschlandweit gibt, hoffentlich.

Nach Begutachtungen und Gesprächen wurde ich im September 2017 in eine Tagesstätte für Depressive geschickt. Seitdem geht es bergauf.

Zunächst wurde meine Wohnung gesichert. Dann konnten die akuten Bedrohungen abgewandt werden und schließlich werde ich jetzt rechtlich betreut. Das heißt, ein gerichtlich bestellter Betreuer kümmert sich um meine Post und meine rechtlichen Angelegenheiten. Das ist so erleichternd! Wahnsinn!

Frühlingsblüten.jpg

Warum habe ich das nicht früher in Anspruch genommen? Ah, klar, ich dachte immer wieder, dass es mir besser geht. Verflixter Optimismus.

Also, na klar, muss ich mich auch so kümmern. Aber eben nur so weit ich kann. Und dazu habe ich noch die Unterstützung meiner Bezugsbetreuung in der Tageseinrichtung, die mir hilft und mich quasi täglich sieht. Da kann ich nichts beschönigen. Wenn ich es nicht in die Einrichtung schaffe, wird das notiert und nachgehakt.

Es wird geguckt, was mir gut tut und was nicht. Ich werde aus meinem Schneckenhaus gelockt und bin gezwungen mich mit der Realität in diesem geschützten Raum auseinander zu setzen.

Yep, ist teilweise echt nicht ganz leicht. Aber hey, das funktioniert so gut, dass ich tatsächlich dieses Frühjahr meine Wohnung in Ordnung habe, Venlafaxin absetzen konnte und nur noch Escitalopram brauche. Also nicht mehr Antriebssteigerung und Stimmungsaufhellung, sondern nur noch das letztere.

Auch meine Schlafprobleme sind nicht mehr ganz so schlimm, jedenfalls nicht die ganze Zeit. Wenn ich mal wieder begutachtet werde zum Beispiel, setzt mich das immer ziemlich außer Gefecht und ich kann wieder garnicht schlafen.

Vor etwa 3 Wochen hatte ich beipielsweise die Begutachtung für den Gerichtsprozess gegen die Hallesche KV wegen des Krankentagegeldes. Seitdem ist alles wieder etwas schwieriger. Gerade versuche ich wieder die Schlaftabletten zu entwöhnen.

Insgesamt geht es aber doch besser. Ich bin nicht mehr so verzweifelt und hänge in dieser Schuld-Ungerechtigkeits-Schleife fest.

Nein, wir haben in der Einrichtung immer abwechselnde Module von Aktivitäten, die oft durchaus interessant sind und Spaß machen, soweit es möglich ist das jeweils zu empfinden. Die Erfolgserlebnisse, wenn einem etwas gelingt, zum Beispiel pünktlich da zu sein, sind doch echt stärkend.

Außerdem werden die Dinge angepackt und der Berg der unerledigten Dinge abgebaut.

Und dann diese Zugetanheit, die Hilfsbereitschaft und Bemühung einem Gutes zu tun von dem ganzen Team… das tut so gut!

Im Detail will ich Euch davon in Zukunft genauer erzählen.

Feedback, Gespräche und Hilfe führen zu neuen Erkenntnissen und Möglichkeiten.

More is coming soon… so die schwarzen Wolken sich nicht wieder zu ziehen…

 

 

 

 

 

3 Gedanken zu „Alles neu, macht der Mai“

  1. Huhu,
    das Schönreden? Kenn ich ja gar nicht…bei mir wird immer gerade alles besser. Bei meiner Mutter auch, wenn ich anrufe, erzählt sie, wie es ihr geht. Meist hat sie gerade eine Erkältung/Grippe/Schwächeanfall gehabt, aber dank dem neuen Wundermittel XYZ geht es ihr jetzt schon VIEL BESSER!
    Mein Freund musste mich erst darauf aufmerksam machen, dass dem so ist, denn es überforderte ihn leicht, wenn seine Freundin, die gerade noch fleißig und emsig herumwuselte plötzlich zur schreien-heulenden Furie wurde, weil er eine kleine Bitte hatte.

    Sich Gutes tun ist auch so ein Thema. Es sagt sich so leicht. Aber vieles ist im Kopf als „gut“ verankert, aber wenn man es versucht, spürt man nur: „anstrengend, ANSTRENGED!“ So geht es mit zum Beispiel mit Freundestreffen und Familientreffen. Oft bin ich danach vollkommen erledigt. Was für andere der angenehmen Entspannung dient, ist für mich purer Stress. Auch ewige Fahrten sind anstrengend. Früher habe ich mir viele solche „Events“ vorgenommen, um mir vermeintlich etwas Gutes zu tun und mich dann zu verfluchen, weil ich nicht einmal das schaffe. Heute überlege ich bei jedem Scheitern: Was genau fand ich anstrengend? Das versuche ich dann als gegeben zu akzeptieren. Freunde treffe ich nun seltener, Familie nicht mehr als Großpackung und Hobbys suche ich in meiner direkten Umgebung.
    Aber allein die Frage: Was tut mir denn gut? ist manchmal ein Verhängnis. Wenn man das Gefühl hat, nicht tut mehr gut. Wenn da kein Wunsch und kein „sich sehnen“ außer nach Schlaf und Ruhe ist, kann einen das auch zum Verzweifeln bringen. Ich musste Geduld mit mir selbst lernen. Heute weiß ich, dass dies eine Frage für „Powerzeiten“ ist. Wenn ich total erschöpft bin, lautet die Antwort immer Ruhe. Nur wenn noch etwas Gas im Tank ist, hab ich auch die Energie um mir etwas gutes zu TUN…Tun ist nunmal aktiv.

    Das ist ein langer Weg und ich bin auch noch lange nicht am Ende. Dir wünsch ich weiterhin viele Aha-Momente und neue Erfahrungen mit dir selbst. 😉

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    1. Hallo Du Liebe,
      Danke für Deine witzigen und offenen Worte:) Huh, Geduld… womöglich noch Selbstliebe… echt ambitioniert:) brrr… Wir sind auf dem Weg, oder? Schön, dass Du da bist.
      Liebe Grüße
      Emma

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